Historische Faßeiche in Winkel


Die historische Faßeiche in Winkel wurde im Jahr 1838 erbaut. Bis im Jahr 1975 wurden dort Holzfässer geeicht. Das bedeutet, das Fassungsvermögen der Holzfässer wurde durch den Eichmeister festgestellt und anschließend ins Holz eingebrannt. Diese Eichung war erforderlich, bevor die Holzfässer im Weinhandel eingesetzt werden durften. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts, im Jahr 1982/83, wurde das Gebäude der Faßeiche in Zusammenarbeit vom Winkeler Weinbauverein und der Stadt Oestrich-Winkel renoviert. Seitdem sind in der Faßeiche die Originalwerkzeuge des Eichmeisters (Ausstellungsstück 1-8) zu sehen. Die vom Weinbauverein gestaltete Ausstellung wurde durch Küferwerkzeug (Nr. 12-25) ergänzt, die vom ehemaligen Küfermeister Franz Josef Hirschmann gestiftet wurden.
Die historische Faßeiche in Winkel ist ein einmaliges historisches Denkmal. Sie ist die einzige der Rheingauer Faßeichen, die heute noch erhalten ist.
Der Eichmeister

Die letzten Winkeler Eichmeister wurden, nachdem sie sich einer kleinen Prüfung unterzogen hatten, vom Eichamt in Wiesbaden in ihr Amt bestellt und vereidigt. Sie hatten alle das Küferhandwerk erlernt und übten das Amt des Eichmeisters nebenberuflich aus. In früherer Zeit gehörte das Amt des Eichmeisters zu den Ehrenämtern in einer Gemeinde, und der „Eicher“ oder „Öhmer“ wurde in einem Atemzug mit anderen Ehrenämtern wie zum Beispiel Fahnenträgern, Himmelträgern, Leuchterträgern, Kirbenhütern, Kirchenschützen, Feldschützen, Haingeräthern, Bürgermeistern, Feuerläufern, Pedellen, Ungeltern, Zehntweinschöpfern und Schrötern genannt.
Die Arbeit des Eichmeisters

Nur an bestimmten, zuvor vereinbarten Tagen, konnten Winzer und Weinhändler ihre Fässer zur Faßeiche bringen. Um deren Fassungsvermögen festzustellen, füllte der Eichmeister die Fässer der Reihe nach mit Wasser, das aus einem der Eichbehälter (Ausstellungsstücke Nr. 1-4) mit genau bekanntem Inhalt floss, und vermerkte die ermittelte Literzahl zunächst mit Kreide auf dem Fass. Beim Befüllen der Fässer wurden Befüllrohre und Trichter (Nr. 8) verwendet, sodass durch die kleinen Öffnungen nichts daneben floss. Fässer bis 150 l wurden auf einen zehntel Liter, bis 500 l auf einen Liter genau geeicht; bei größeren Fässern wurde die ermittelte Literzahl auf die nächstkleinere gerade Zahl abgerundet. Bei den in Winkel geeichten Fässern überwogen Stückmaße; nur ganz vereinzelt kamen Fudermaße vor. Die Fässer wurden anschließend – unter Zuhilfenahme von Schwenkhölzern – ausgegossen. Eine Wasserfüllung wurde nur für eine Eichung verwendet. Auf älteren Fotografien der Faßeiche ist auf dem Vorplatz noch gut eine Rinne erkennbar, durch die das Wasser auf die Straße abfloss. War der Inhalt aller Fässer auf diesem Weg ermittelt, begann der Eichmeister damit, die ermittelten Literzahlen auf die Fässer einzubrennen. Vorhandene alte Eichzahlen wurden zuvor mit einem Hobel (Nr. 5) entfernt. Die Brenneisen (Nr. 7) wurden ursprünglich in einem Holzfeuer im Ofen für Brenneisen (Nr. 6), später in einem Gasfeuer, erhitzt. Jedem Fass wurde die Literzahl, der Stempel der Eichstelle und das Jahr der Eichung eingebrannt. Letzterer Stempel wurde jährlich neu vom Eichamt an die Faßeiche geliefert. Jeder einzelne Eichvorgang wurde in das Eichbuch eingetragen. Der Eichmeister vermerkte unter anderem den Eigentümer des Fasses, das ermittelte Fassungsvermögen und ob es sich um eine Neu- oder eine Nachreichung handelte. Alle drei Jahre nämlich mussten Fässer nachgereicht werden, wenn sie weiter im Weinhandel eingesetzt werden sollten. In der Regel verringerte sich im Laufe der Jahre das Fassungsvermögen eines Fasses. So hatte ein Fass, das bei seiner ersten Eichung im Jahre 1960 312 l aufnahm, bei seiner Nacheichung drei Jahre später nur noch einen Rauminhalt von 305 l. Für die Eichung wurde eine Gebühr erhoben, die der Eichmeister an das Eichamt abführte. Von dort erhielt er eine Aufwandsentschädigung zurück. Manchmal kam es vor, dass ein Fass undicht war. Dann wurde das Fass unverrichteter Dinge an den Eigentümer zurückgegeben. Eine geringere Gebühr für den vergeblichen Eichversuch wurde trotzdem erhoben. Nachdem das Fass abgedichtet worden war, konnte es erneut zum Eichen gebracht werden.
Da ein gefülltes 300 Liter Fass (Nr. 9) ein Gewicht von mehr als 350 kg hat, wurden die Fässer damals mit Hilfe einer Fasskarre (Nr. 10) zum Eichmeister transportiert. Um die schweren Holzfässer aus dem Keller zu heben, wurde eine sogenannte Tragestande (Nr. 12) genutzt. Die Personen, die die Fässer damals aus dem Keller der Winzer transportierten und weiter auf Schiffe verluden, nannte man Schröder. Ein damaliger Verladeplatz für diese Fässer ist der Oestricher Kran direkt am Rhein. (Verlinkung Webseite Kran)
Der Küfermeister
Küfer, Büttner oder Fassbinder, der Beruf des Küfers ist einer der ältesten Handwerksberufe und besteht seit mehr als 1000 Jahren. Bis zum Mittelalter wurde Wein meist in großen Gefäßen aus Ton gehalten. Da große Tongefäße jedoch leicht zerbrechlich sind, fingen Zünfte im Mittelalter an, sich mit dem Behälterbau näher auseinanderzusetzen und schafften damit die Grundlage für das Handwerk des Schefflers, Böttlers bzw. Küfers. So produzierte der Küfer damals nicht nur Fässer, sondern auch alle anderen Arten an Gefäßen, bis zum Ende des 19. Jahrhunderts Edelstahl- und Metallgefäße entwickelt wurden. Trotz zahlreicher Stahltanks, die sich heute in den Weinkellern vieler Winzer*Innen befinden, setzen einige Winzer*Innen noch immer auf den Ausbau von Weinen im Holzfass. Somit ist der Beruf des Küfers bis heute sehr bedeutsam für den Weinbau.
Herstellung von Holzfässern:
Bei der Herstellung von Holzfässern werden Holzbretter in der Länge gleichmäßig zugeschnitten. Diese bilden später die Fassdauben (Nr. 24) und Böden der Fässer. Nach dem Zuschneiden werden die Bretter für die Dauben in Form gehobelt. Mit dem Streifhobel (Nr. 20) wurden die Rohdauben an den Außenseiten gleichmäßig glatt gehobelt. Das diente dazu, dass die Fugen der einzelnen Dauben später beim Zusammenbau gleichmäßig aneinander liegen. Mit dem Innenhobel (Nr. 22) oder dem Schneidmesser (Nr. 26) wurden die massiven Bretter in der Mitte verschlankt. Das Aushobeln war notwendig dafür, dass die Dauben beim Zusammensetzen besser gebogen werden konnten und dabei keine Spannungsrisse entstanden.
Das Streichmass (Nr. 17) ist ein Längenmaß, um die Mitte der gefügten Dauben auszumessen. Dieser mittlere Punkt jeder Daube wurde markiert, sodass beim Zusammenfügen alle Dauben gleichmäßig aneinander liegen und der Bauch des Fasses nicht seitlich verschoben ist. Die Dauben wurden daraufhin in einen Reifen aus schwarzem Bandeisen (Nr. 25) (heutzutage verwendet man verzinktes Eisen) in einem Kreis eingesetzt. Millimeterarbeit, denn die Mitte der Daube musste bei allen Dauben auf gleicher Höhe sein. Erst wenn alle Dauben sitzen, wird der Kopfreif angeschlagen. Da dieser Kopfreif besonders festsitzen musste und schwierig anzubringen war nutzte man als Hilfsmittel dafür eine Reifzange (Nr. 19).
Mit dem Bockscheff (Nr.27) wurde bei kleineren Behältern die außen überstehenden Fassdauben auf gleiche Länge abgehobelt. Bei größeren Gebinden nutze der Küfer dazu den Backenhobel (Nr. 21). Wenn der Küfer mit den Dauben und den Reifen fertig war, machte er sich ans Ausmessen der Fassböden. Mit dem Zirkel für Großbehälter (Nr. 18) wurde auf weiterem Holz die Größe der Fassböden für das jeweilige Fass ausgemessen und aufgezeichnet. Eine Methode, die sich über die letzten tausend Jahre nicht verändert hat und auch heute beim Fassbau genutzt wird. Die aneinanderliegenden Bretter für die Böden der Fässer wurden damals traditionell mit Schilf verdichtet, sodass die Fässer auch im nicht gefüllten Zustand dichthielten (Boden- oder Liescheisen Nr. 15). Dieses wurde zwischen den Dauben angebracht, sodass selbst, wenn das Fass nicht befüllt ist, keine undichten Stellen zwischen den Fassdauben entstanden. Mit der Schweifsäge (Nr. 23) wurde der eingezeichnete Boden ausgesägt. Für ein genaues Rundschneiden verfügt diese Säge über ein sehr schmales Sägeblatt mit feiner Zahnung. Bevor das Fass mit den Böden geschlossen wurde, wurden die Innenseiten mit den Hobeln regelmäßig glatt gehobelt. Je nach Größe des Fasses, eine aufwendige Handarbeit.
Mit dem Bohrer (Nr. 16) wurden im Fass die Spund-, Zapf-, oder Dübellöcher gebohrt, welche bis zum Anstich oder dem Befüllen mit einem Korken verschlossen wurden. Beim Ausstellungsstück Nr. 16 handelt es sich um einen kleinen Bohrer mit Durchmesser von 2-3cm. Das Loch vorne im Boden des Fasses (Nr. 9) diente als Zapfloch. Dort wurde später der Zapfhahn angebracht. Da das Reinschlagen des Zapfhahns meist nicht sehr sanft vonstattenging, musste nach einer Zeit das Fass erneut zum Küfer gebracht werden, sodass dieses mit dem Zapfloch Nachschneider (Nr. 13) und dem Brenneisen für das Spundloch (Nr. 14) das Zapfloch wieder korrigiert und gleichmäßig rund gemacht werden konnte für den nächsten Anstich.
Die Arbeit des Küfermeisters hat sich heute, im Vergleich zu früher, kaum verändert. Auch heute noch fordert das traditions- und arbeitsreiche Handwerk viel Geschick und Können.
Die Historische Fasseiche finden Sie hier:
Hauptstraße 118A, 65375 Oestrich-Winkel