8. Abtei St. Hildegard
Herzlich willkommen in der Abtei St. Hildegard!
Nach den beiden Klöstern im Tal führt der Weg nun wieder zum Ausblick, zur Weite: Die Abtei St. Hildegard, inmitten von Weinbergen hoch oben gelegen. Auf die hl. Hildegard geht dieses Kloster zurück, nicht aber an diesem Ort, sondern etwas weiter unten, wo man die Kirche St. Hildegard mit ihrem Dachreiter erkennen kann. Dort stand das wirklich von Hilde-gard von Bingen gegründete Kloster. 1150 hatte Hildegard ihr erstes Kloster auf dem Rupertsberg bei Bingen auf der anderen Rheinseite gebaut. Da die Zahl der Schwestern stetig wuchs, übernahm sie 1165 das bisherige Augustinerkloster in Eibingen und gründete dort ein zweites Benediktinerinnen-Kloster. Hildegard leitete beide Klöster, sodass sie jede Woche zweimal vom Rupertsberg nach Eibingen kam und dafür den Rhein per Boot überquerte.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg mussten die Schwestern das Kloster Rupertsberg aufgeben und kamen nach Eibingen, wo eine wechselvolle Geschichte folgte. Das Kloster Eibingen wurde dann im Rahmen der Säkularisierung 1803 aufgehoben. Die Klosterkirche wurde zur Pfarrkirche. Die Reliquien der Hl. Hildegard verblieben dort, sodass die Kirche heute auch Wallfahrtskirche zur hl. Hildegard ist, die 2012 zur Kirchenlehrerin erhoben wurde.
Die neue Abtei St. Hildegard auf der Anhöhe geht in ihrer Idee auf Peter Josef Blum (1842-1883 Bischof von Limburg) und Karl zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg (1834-1921) zurück. Fürst zu Löwenstein ist auch der Stifter der Abtei. 1900 bis 1904 wurde hier ein neues Kloster gebaut, das gleichsam die Nachfolge der Klöster Rupertsberg und Eibingen antrat.
Am 17. September 1904 zogen zwölf Schwestern aus der Abtei St. Gabriel in Prag ein. Das Kloster wurde zur Abtei erhoben. Die Äbtissin ist Nachfolgerin der hl. Hildegard.
Den Ersten Weltkrieg überstand die Abtei relativ gut. Der Zweite Weltkrieg brachte eine Enteignung und den Weggang der damals 115 Schwestern mit sich, die vorübergehend in verschiedenen Orden unterkamen. Die Abtei diente vor allem als Lazarett, das bis zu 325 Betten bereitstellte.
Nach dem Krieg wurde das Kloster wieder hergerichtet. Die Schwestern konnten zurückkehren und das klösterliche Leben wieder aufnehmen. Heute leben hier rund 50 Schwestern nach der Regel des hl. Benedikt. Auf Schritt und Tritt begegnet man aber auch dem Erbe der hl. Hildegard, nicht zuletzt in den Male-reien der Abteikirche, die das Leben der Heiligen darstellen.
Das Kloster
Hildegard war in ihrer Zeit (1098-1179) eine besondere Frau. Sie wollte Interesse an Gott wecken. So versuchte sie, das Unbegreifiche Gottes anschaulich zu machen. Die Bilder ihrer Visionen mögen uns heute fremd vorkommen und bedürfen der Entschlüsselung. Die Herausforderung haben wir heutzutage ebenso: Wie kann ich mir Gott vorstellen? Wie kann ich mich ihm nähern?
Hildegard beschreibt Gott als den Dreifaltigen in einem Bild: In Menschengestalt in der Mitte den Sohn, Jesus Christus. Gott Vater, ausgedrückt in dem sehr hellen äußeren Kreis, der sogar die Begrenzung des Bildes durchbricht: Er, die Urquelle allen Seins, ohne Ursprung, alle Grenzen sprengend. Der innere Kreis als Darstellung des Heiligen Geistes. Alle drei Personen Gottes vermischen sich nicht, sondern sind klar getrennt – und doch sind sie eins.
So erkenne, o Mensch, den einen Gott in den drei Personen, der dich in der Kraft seiner Gottheit erschaffen und dich vor dem Verderben erlöst hat. Vergiss nicht deines Schöpfers.
Hildegard von Bingen, Wisse die Wege II,2
Der Mensch unterlasse nicht, mich, den einzigen Gott, in diesen drei Personen anzurufen. Ich habe sie dem Menschen geoffenbart, dass er um so heißer in der Liebe zu mir entbrenne, da ich ihm zuliebe meinen Sohn in die Welt sandte.
Hildegard von Bingen, Wisse die Wege II,2
Eine große Darstellung dieses Dreifaltigkeitsbildes befndet sich im Chorraum der Wallfahrtskirche St. Hildegard unterhalb der Abtei.
Weitere Informationen unter www.abtei-st-hildegard.de