Natürliche Standortfaktoren

Alle natürlichen Vorraussetzungen die das Wachstum der Reben und damit die Bildung und Einlagerung von Inhaltsstoffen in die Trauben prägen, werden als Standortfaktoren bezeichnet. Dabei werden neben den Inhaltsstoffen und Aromen in der Traube (Primäraromen) auch die Abläufe in der Gärung (Gärungsaromen) und während der Lagerung (Lagerungsaromen) der Weine beeinflusst. Das Zusammenspiel von Boden, Klima und Topografie, mit einer großen Anzahl an einzelnen Faktoren und Wechselwirkungen, ergibt eine definierte und unverwechselbare Herkunft der Trauben und Weine.
Der Boden hat dabei eine zentrale Bedeutung. Der Einfluss des Wasser- und Nährstoffhaushalts dominiert die Ausprägung des Weinstils und die Bildung der Aromen. Dabei übernimmt die Bodenart, das heißt die Korngrößenverteilung, eine wichtige Rolle. Sie beeinflusst maßgeblich den Wasserhaushalt, also die Menge an Wasser, die im Laufe der Vegetation der Rebe zur Verfügung steht. So tritt Wasserstress, der eine Veränderung des Weinstils bedingen kann, bei Sandböden oder Böden mit einem hohen Steinanteil schneller und häufiger auf. Dagegen weisen Böden mit einem hohen Anteil an Schluff, z.B. Lössböden, einen ausgesprochen ausgeglichenen Wasserhaushalt auf. Reben leiden auf solchen Böden seltener unter einer mangelnden Wasserversorgung. Der pH-Wert eines Bodens und der natürliche Kalkgehalt scheinen den Weinstil besonders zu verändern. Weine von basischen, kalkhaltigen Standorten sind besser gepuffert und weisen höhere pH-Werte auf. Solche Weine zeigen ein deutlich anderes Geschmacksprofil als Weine von sauren, kalkfreien Standorten. Kalkgehalt, pH-Wert und Bodenart werden vom Ausgangsmaterial der Bodenbildung geprägt. Je nach geologischem Ausgangsmaterial entstehen sauer oder basisch reagierende Sand-, Schluff- oder Tonböden.
Natürlich haben die klimatischen Bedingungen eines Standortes, das Makro,- Meso- und Mikroklima eine zentrale Bedeutung für die Reifebedingungen. Breitengrad, Exposition und Hangneigung beeinflussen das Wachstum der Reben. Die klimatischen Faktoren allein anhand der erreichbaren Zuckereinlagerung in die Trauben zu bewerten, wäre zu kurz gegriffen. Neben dem Zuckerstoffwechsel werden eine Vielzahl weiterer Stoffwechselprozesse verändert.
Doch inzwischen ändert sich auch das Klima. In den nördlichen Anbaugebieten werden in den letzten Jahren bei einer immer früher einsetzenden Reife steigende Mostgewichte beobachtet. Hohe Temperaturen in der Reifephase gewinnen an Bedeutung. So werden Witterungsverläufe, die ein vollständiges, aber langsames Ausreifen der Trauben ermöglichen, besonders positiv bewertet. Kühle Nächte und niedrige Temperaturen bei der Traubenlese werden zur Erhaltung eines traditionellen Weißweintyps auch in Deutschland zunehmend wichtiger.
Weinbaustandort Hessen
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Einfluss des Winzers
Die natürlichen Standortfaktoren werden durch die Arbeit des Winzers verändert. Ein für den Standort optimierter Weinbau wird das mögliche Potenzial in besonderem Maße ausschöpfen. Die Auswahl der Rebsorte, im optimalen Fall der Anbau einer autochthonen Sorte, ein an den Standort angepasster Weinbau und der Einsatz einer traditionellen Oenologie sind elementare Bausteine eines herkunftsbetonten Weinbaues. Bewusst wird der Einfluss der Umweltbedingungen und des Jahrganges in Kauf genommen und eine Vielfalt an Weinen produziert. Natürlich beeinflusst auch der herkunftsbetonte Weinbau das „Terroir“.
Es ist jedoch insbesondere bei den oenologischen Verfahren eine gewisse Zurückhaltung notwendig. So kann für den Rheingau der Anbau internationaler Sorten oder der Einsatz von Barriquefässern eine sinnvolle Ergänzung sein. Dies verändert aber den traditionellen Charakter der Weine sehr stark. Wenn die Erzeugung einer Marke im Vordergrund steht, werden alle weinbaulichen und oenologischen Maßnahmen ergriffen, die Umwelteinflüsse zu minimieren, um einen über Jahre hinweg konstanten Weinstil zu produzieren. Die Herkunft ist dann nicht mehr schmeckbar. Wenige internationale Sorten erobern eine zentrale Marktstellung. Das Projekt „Terroir Hessen“ ist ein Teil der Diskussion um Herkunft versus Marke.